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EuGH-Urteil zu Erbschaft- und Schenkungsteuerfreibetrag bei Wohnsitz außerhalb der EU

Geringer persönlicher Erbschaft- und Schenkungsteuerfreibetrag bei Wohnsitz außerhalb der EU ist unionsrechtswidrig

Der EuGH hat mit Urteil vom 17.10.2013 in der Rechtssache Yvon Welte entschieden, dass die Anwendung des niedrigen einheitlichen  erbschaftsteuerlichen Freibetrages des § 16 Abs. 2 ErbStG i.H.v. EUR 2.000, der nicht nach den vom Verwandtschaftsgrad abhängigen Steuerklassen unterscheidet, für beschränkt Steuerpflichtige mit Wohnsitz außerhalb der Europäischen Union /des Europäischen Wirtschaftsraums unionsrechtswidrig ist, da in der Anwendung dieser Freibetragsregelung ein Verstoß gegen die europarechtlich garantierte Kapitalverkehrsfreiheit zu sehen sei.

Die Entscheidung des EuGH liegt auf seiner bisherigen Linie der Judikatur zur Benachteiligung beschränkt Steuerpflichtiger bei den persönlichen Freibeträgen. Bereits in der Entscheidung Mattner (EuGH v. 22.4.2010 C-510/08) verbietet der EuGH die Schlechterstellung der beschränkt Steuerpflichtigen nach § 16 Abs. 2 ErbStG durch einem vom Verwandtschaftsgrad unabhängigen geringen Freibetrag von EUR 2.000 bei in der EU/im EWR Ansässigen. Der Gesetzgeber hat zwischenzeitlich auf dieses Urteil reagiert, indem er mit dem BeitrRLUmsG v. 7.12.2011 - rückwirkend für noch nicht bestandskräftige Fälle - in § 2 Abs. 3 ErbStG für im EU-/EWR-Raum ansässige beschränkt Steuerpflichtige eine antragsabhängige Option zur unbeschränkten Steuerpflicht eingeführt hat.

Beschränkte Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerpflicht in Deutschland liegt vor, wenn weder der Erblasser bzw. Schenker noch der Erbe, Vermächtnisnehmer etc. bzw. Beschenkte ein Inländer ist, d.h. seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Ist das der Fall, unterliegt nur das durch Erbabfall bzw. Schenkung übergehende Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG der deutschen Erbschaftsteuer. Zum Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG  gehören z.B. im Inland belegener Grundbesitz, inländische Betriebsstätten oder qualifizierte Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften.

Andererseits steht beschränkt Steuerpflichtigen nach § 10 Abs. 6 Satz 2 ErbStG auch nur ein beschränkter Schuldenabzug zu, da nur die mit dem Inlandsvermögen im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs abzugsfähig sind. Nach der Gesetzeslage beträgt der persönliche Freibetrag zudem wie erwähnt nur EUR 2.000.

Im Streitfall der Rechtssache Welte hatte ein Schweizer Staatsangehöriger von seiner ebenfalls in der Schweiz ansässigen Ehefrau ein in Deutschland gelegenes Einfamilienhaus in Düsseldorf sowie Guthaben auf in Deutschland und in der Schweiz befindlichen Bankkonten geerbt. Das für das Besteuerungsverfahren zuständige Finanzamt Velbert zog von der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage, die  allein anhand des Werts des in Düsseldorf belegenen Grundstücks abzüglich der Pauschale für Erbfallkosten gebildet wurde, den Freibetrag von 2.000,-- gem. § 16 Abs. 2 ErbStG ab. Wäre hingegen die Erblasserin oder der Erbe oder beide zum Todeszeitpunkt in Deutschland ansässig gewesen, wäre vom steuerpflichtigen Erwerb der Ehegattenfreibetrag des § 16 Abs. 1 Nr.1 ErbStG i.H.v. EUR 500.000 abzuziehen.

Wie schon in seiner Entscheidung in der Rechtssache Mattner hält es der EuGH auch vorliegend mit der Kapitalverkehrsfreiheit für unvereinbar, dass ein Erwerber bei beschränkter Steuerpflicht nur einen wesentlich geringeren persönlichen Freibetrag erhält als bei unbeschränkter Steuerpflicht.

Zur Begründung führt der EuGH aus:

▪ Die Steuer auf Erbschaften unterfalle, unabhängig davon, ob es sich um Geldbeträge, um bewegliche oder um unbewegliche Sachen handelt, unter die Vertragsbestimmungen über den Kapitalverkehr.

▪ Da § 16 ErbStG die Anwendung eines Freibetrages auf die Steuerbemessungsgrundlage für die betreffende Immobilie vom Wohnsitz des Erblassers und des Erben zum Zeitpunkt des Erbfalls abhängig macht, stelle die höhere Besteuerung des Erbfalls unter außerhalb der EU/des EWR Ansässigen eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar.

▪ Eine Rechtfertigung dieser Beschränkung wegen fehlender Vergleichbarkeit des Erwerbs von in Deutschland Ansässigen und außerhalb der EU/des EWR ansässigen sei nicht gegeben.

 

Praxisfolgen:

Es bleibt abzuwarten, ob der deutsche Gesetzgeber auch auf die Entscheidung Yvonne Welte mit einer gesetzlichen Neuregelung , wie z.B. einer solchen zur Option zur unbeschränkten Steuerpflicht mit dem Weltvermögen bei Erb- und Schenkungsfällen unter innerhalb der EU/des EWR Ansässigen, reagiert.

Bis dahin können sich betroffene Steuerpflichtige in gleichgelagerten Fällen auf die EuGH-Entscheidung in der Rechtssache Welte berufen. Unter Berufung auf dieses Urteil könnte  somit auch gezielt Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG noch zu Lebzeiten übertragen werden. Allerdings ist immer auch das Erbschafts- und Schenkungsteuerrecht des Ansässigkeitsstaates zu berücksichtigen. Dieser rechnet häufig die deutsche Erbschaftsteuer auf die nationale Steuer an. Wenn die ausländische Steuer höher ist als die deutsche Erbschaftsteuer, ergibt sich schlussendlich auch unter Berücksichtigung des höheren Freibetrags kein Vorteil. Erhebt der Ansässigkeitsstaat überhaupt keine oder eine niedrigere Erbschaftsteuer, bleibt hingegen die deutsche Steuerbelastung definitiv.

 

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